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Wie Olga zur Eins im Examen kam!

Hallo Friedrich,

Sie erfahren hier, wie Olga zur Eins kam. LESEN Sie es ganz durch:

Während des Examens lief es wie ein Lauffeuer in Freiburg um: Olga hatte ihre Examens-Klausuren als Drittbeste abgeschlossen. Ausgerechnet Olga! Olga war schön. Rehbraune Augen und Haarmähne, beides im Großformat.

Glücklich jene Buchseite, die das Privileg genoss, von Olgas Augen betrachtet werden zu dürfen. Welcher männliche Student wäre da nicht gerne sofort zur Buch-/Skriptseite geworden?

Aber Olga zum Mitschreiben einer Scheineklausur zu bewegen, war stets Stress gewesen. Sie traute sich nur nach viel eindringlicher Überredung. Und jetzt das! Uns Jungmännern war klar, da stimmte irgendwas nicht. Wem kamen da nicht Zweifel? Superschöne Frau – solche Spitzennoten? Ein hässlicher Verdacht keimte auf.

„Ihr denkt, ich wär‘ mit allen Assis der Lehrstühle in die Kiste gegangen!“ sagte Olga. Mein Nacken und meine Ohren liefen glühend heiß und rot an. Ich fühlte mich bloßgestellt. Olga hätte so etwas nie nötig. Die Gerüchte mussten völliger Quatsch sein. Olga war sicht- und fühlbar ein richtig klasse Weib, eine echte Dame von der Fußsohle bis zum Scheitel. Unsere Gedanken waren nur peinliches Zeug gewesen. Wir ach so selbstbewussten Jungmänner lagen eindeutig voll daneben und quatschten dummes Zeug. Das Rätsel über Olgas tolles Examensergebnis, erreicht in solch knapper Zeit, wurde immer rätselhafter. Mir dämmerte etwas!

Vielleich war’s echte Leistung, vielleicht irgendeine spezielle Methode bzw. Technik, die Olga wusste und wir „Otto Normalverbraucher“ eben nicht? Irgendsowas war im Busch. Olga kannte ja viele Leute in Fribourg/Schweiz und vom Internat in der Schweiz her. Vielleicht gab es da eine Art Supertrick unter Einserkandidaten, den sie kannten und der normalgebildete Student hatte keine Ahnung von so etws?

Noten waren ja nie Zufall, sondern immer das Produkt einer bestimmten Methode oder Technik (Art und Weise des Vorgehens). Das wusste ich vom Kungfu-Unterricht. Wer diese Technik des Kungfus beherrschte, konnte den Gegner so blitzschnell aufs Kreuz legen, bevor der andere auch nur schauen konnte. Vielleicht gab es so etwas wie eine „Kungfu-Technik des Lernens“ unter den Einserkandidaten? Möglich war’s ja!

Olga war immer so eine gaaanz Liebe gewesen. Holländerin, Vater Reeder, deutsche Mutter. Aufgewachsen in Genua/Italien und in Den Haag/Niederlande. Internat in der Schweiz, dann anfangs 2 Semester in Fribourg/Schweiz, 4-sprachig aufgewachsen. Beste Zucht aus edlem Stall. Wir hatten uns im Studium in Bonn kennen gelernt.

Gestern war ich noch der Größte bei Olga, jetzt aber kam ich mir ziemlich klein vor. Wo kam Olgas starkes Selbstbewusstsein so plötzlich her? Beruhte Olgas plötzliches, extra starkes Selbstbewusstsein auf ihrer inneren Sicherheit im Lernstoff ? Hatte sich da etwas Entscheidendes getan während der Examensvorbereitung der letzten paar Monate? War Olga nur völlig ehrlich so richtig kompetent geworden? Sachverständig und voll durchblickend in allen Fächern und Prüfungsklausuren?

Olga zeigte da eine neue Seite, die ich an ihr noch nicht kannte. War etwa eine ganz bestimmte Lern- und Wissensaneignungs-Methode ihr Schlüssel zum starken Selbstbewusstsein und Ihrer Sicherheit im Umgang im dem Lern-Stoff? Deshalb die in fast allen Fächern geschafften Einsernoten? Das wäre eine Erklärung. Jetzt hieß es aufmerksam sein und genau beobachten. Also, Augen auf.

Olga nahm irgendeinen vorne beschrifteten Schuhkarton aus dem Regal, öffnete ihn und warf mir einen Packen Karteikarten zu, von einem fetten roten Einmachgummiring zusammengehalten. Ich löste den Gummiring und schaute auf den Schlüssel zur Vorbereitung des  Examensklausur-Paradieses.

Ich erkannte den Inhalt eines Buches, logisch heruntergebrochen dargestellt. Durch das „stringente“ Runterbrechen war die Logik der Struktur auf den ersten Blick erkennbar. (stringent: aufgrund der Folgerichtigkeit sehr einleuchtend, überzeugend,…  siehe DUDEN, Deutsches Universalwörtbuch von A-Z, Casio, Elektronisches Wörterbuch, EX.G3500)

Das lief nach „Top-down“ oder deduktiv (vom Großen, Übergeordneten in kleine Einzelheiten runter) oder bottom-up/induktiv (vom Kleinen/Untergeordneten hoch in Richtung Allgemeinerem, Übergeordnetes) runter. Der Lernstoff stand mit Bleistift als „Roter Faden“ logisch auf der Karteikarte „runtergebrochen“. Raffiniert war das. Weil es Schritt-für-Schritt ging bis zur zur Erkenntnis. So brauchte ich mir nichts mehr zu „merken“, da es total Sinn machte und schön logisch war, geradezu  selbstverständlich. Man musste diesen Weg nur mehrmals nachvollziehen. Wer das tatsächlich selbst getan hatte, hatte natürlich das ganze Skript/Buch im Kopf. DAS war wie „Kungfu des Lernens“, der „Supertrick“ von Olga. Mir dämmerte, weshalb Olga solch ein Spitzenexamen in so knapper Zeit geschafft hatte.

Die Beweisführung auf jeder Karteikarte war einfach überzeugend und zwingend logisch dargestellt. Das machte echt Sinn. Ich überflog die logische Folgerichtigkeit jeder Karteikarte, eine nach der anderen. Ich versank in die Darstellung auf den Karteikarten aus dem Skript und Buch. Kein Gedankengang fehlte – und nichts war hinzugefügt, das Skript war pur auf der Karteikarte. Ich verglich mit dem Buch. Mir wurde vieles klar, was ich so einfach dargestellt noch nie gesehen hatte.

Der „Rote Faden“ des Buchs war deutlich sichtbar. Wow!!! Ich erkannte auf den ersten  Blick, worum es ging. So simpelhaft logisch war mir der ganze „Stoffmateriequatsch“ noch nie untergekommen. Alles war in „brutaler“ Einfachheit im Gedankenfluss hintereinander runter dargestellt. Das war der Punkt: Ich konnte diesem logischen Gedankenfluss schnell folgen.

„Frag mich was!“ Olga lächelte, ihr Grübchen links am roten Mund blitzte kurz auf. Olga sah mich irgendwie auffordernd selbstbewusst an. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht! Ich war plötzlich ziemlich durcheinander. Unsere vorher gemeinsam besprochen und so zurechtgelegten Strategien und Diskussionen? Alles erfundener Quatsch. Das hier hatte niemand voraussehen können. Das war ehrlich, ohne Netz und doppelten Boden. „Also, ich erklär Dir kurz, was auf den ersten 10 Karteikarten steht. Du kontrollierst, o. k.?“

Sie legte los und erklärte die Stoffmenge, aber nicht auswendig nachplappernd , sondern entspannt im Plauderton, einfach klasse schön direkt und überzeugend, kein Äh, eh, emm emm odr so. Ich war baff. Sie beherrschte diese Fachsprache, diese fachliche Nomenklatur (Fachsprache, „Fachchinesisch“), sie spielte geradezu mit dem Stoff – und – mit mir. Ich war überwältigt hilflos – sie war einfach zu gut. Echt toll. Superfrau! Ich fing wieder an, sie zu bewundern.

Das war das, was Schülern und Studenten oft Riesenprobleme bereitete. Das ALLES Entscheidende. Man musste diese Fachsprachen fließend sprechen und schreiben können, aber nicht auswendig „gemerkt“, sondern komplett kapiert, eben wie jemand fließend englisch sprach. Olga gestand mir später, dass sie das alles intensiv geübt hatte und sich selbst laut vor sich hin sprechend auf- und ab gehend erklärt hatte, bis es saß.

So konnte Olga diese Fachsprachen so schnell und fließend lernen! Ich bekam eine Ahnung, wie es ging. Es gab kein Mathe- oder Jura-Land, kein Medizin- oder Maschinenbau-Land, kein BWL/VWL- oder Physik-Land. Man konnte also nicht in paar Wochen die Sprache fließend sprechen lernen, wie ich Englisch gelernt hatte. Ich war einfach nach England oder USA geflogen und sprach nach ein paar Wochen fließend Englisch. Außerdem war das Zeug ja deutsche Fachsprache, nicht Umgangssprache, sondern der vielgefürchtete „fachsprachliche Slang“.

Es war also KEIN normales (Umgangs-)Deutsch, sondern Fachchinesisch (Fachsprache, Nomenklatur). Und es waren VIELE Fachsprachen. In Maschinenbau, BWL, VW, Jura, Medizin etc. In Jura gab es 26 (!) examensrelevante Fachsprachen. Das war der Kern der Herausforderung vom Studium. Darum ging es nur.

Olga hatte jetzt einen großen, aktiven Wortschatz. Da war kein Ähem, Äh, Mm, Eh, kein Zögern, kein Überlegen, kein kleinstes bisschen Nachdenken. Das ging schnell und flüssig. Sie hatte diese Fachsprachen „voll drauf“. So hatte sie das in 3 Monaten geschafft. Das suchte doch Wirklich jeder in Schule und Hochschule!

Mir war vorher nie bewusst gewesen, dass ich für mein Studium und die Klausuren ganze 26 verschiedene Jura-Fachsprachen (Nomenklaturen) fließend sprechen und schreiben können musste. DAS war das Geheimnis des Lernens in Schule und Hochschule: Der AKTIVE Wortschatz!!!

Mir schwante Fürchterliches: Die Fähigkeit, diese 26 Sprachen meines Studiums in schriftlichen Klausuren ohne Nachdenken fließend SCHREIBEN und in der mündlichen Prüfungen fließend SPRECHEN zu können, war das A&O des  Bestehens jeder Klausur, der Note und später im Beruf.

Früh im Studium hatte ich wie alle übrigen Studenten anfangs vergeblich versucht, mir das „Fachchinesisch“ der Vorlesungen in die deutsche Sprache für mich zu „übersetzen“ oder gar auswendig zu lernen. Unmöglich. Gut, dass ich nie auswendig lernen konnte, also gab ich den Quatsch schnell auf.

Mir wurde klar, dass wir Menschen oft zu kompliziert denken und dringend eine folgerichtig-logische Lernmethode brauchen.

Die Lernmethode muss aufgrund ihrer Folgerichtigkeit erst einmal mir selbst einleuchten, damit der Stoff mich überzeugt. Sie muss logisch zwingend und schlüssig sein. In der Klausur und im Mündlichen muss ich dann alles folgerichtig ableiten können. Also musste ich auch vorher so lernen. Angenommen, ich lernte diese Karteikartenmethode, WIE ich den kompletten Inhalt aus Buch oder Skript logisch und schnell auf Karteikarten brachte. Angenommen, ich schaffte so 100 bis 130 Karteikarten am Tag. So würde ich doch quasi automatisch zum Profi in dem Fachbuch, ganz automatisch.

Ich könnte doch in jeder Schule oder Hochschule durch diese Lerntechnik alle Gedankengänge, Theorien und Vorgänge, Matheaufgaben, jedes Skript oder Buch komplett lernen KÖNNEN. Das ganze Buch im Kopf. Wahnsinn, oder?! Olga konnte das. Warum ich nicht? Also, auf ging’s.

Ich hatte mich vorher schneller in kleinste Fitzel-Details eingegraben als ich mich wieder ausgraben konnte. Also musste ich diese direkte, logisch strukturierte „Denke“ auch lernen und können, diese „Einfachheit“ in der Struktur.

Und wie hatte sie diese Stoffmenge in den paar Monaten so super gelernt? An Schule und Uni suchte man so etwas vergeblich. Hierzu sagte ein Freund: Wenn ich etwas schnell vergessen will, dann brauche ich nur versuchen, es mir zu merken, dann ist es schnell wieder weg, ich kann mir ja noch nicht einmal ein simples Kochrezept merken. Gedächtniss ist als völlig unnötig, verstehen ist das ganze Geheimnis.

Diese „logisch-stringente“ (aufgrund der Folgerichtigkeit sehr einleuchtende) „Denke“ von Olga von „A nach B“ wollte ich auch haben und ebenfalls schnell können. Die Einsernote war dann nur noch eine Art Beiprodukt. So etwas hätte ich schon in der Schulzeit brauchen können. Ich lernte diese Denkmethode von Olga. Dann schaffe ich ein 7 cm dickes Skript in 10 Tagen auf Karteikarten, wofür ich vorher 6 Wochen verplempert hatte. Und ich hatte es voll drauf. Und so verging der Tag so intensiv wie im Flug. Toll. Von morgens 9 bis abends um zehn inklusive Pausen. Vorher hate ich schon nach 2 Stunden keine Lust mehr.

Im Mündlichen konnte ich dann alle Fragen (auch die an die beiden Mitprüflinge gerichteten) in den Fächern, auf die ich mich in der knappen Zeit noch nach der Methode hatte vorbereiten können. Echte Wissensaneignung funktoniert viel schneller mit dieser logischen Methode, die Dich zum Lernen bringt und am Lernen hält. Ich fange jetzt gerne früher mit dem Lernen an; vorher war das immer eine Art Tierquälerei gewesen. Denn diese Methode hält mich voll in der Konzentration am Lernen, bis ich den vollen Durchblick habe. Später hörte ich, Olga hatte diese Lernmethode von einem, der bei den Jesuiten im Internat gewesen sei oder so ähnlich.